Mittwoch, 23. Juli 2014

Challenge Roth 20.07.2014


Die sagenumwobene und hochgelobte Langdistanz Challenge Roth sollte mein Saison-Höhepunkt werden dieses Jahr! Ich konnte zwar im Frühjahr verletzungs- und krankheitsbedingt nicht ganz so umfangreich und intensiv trainieren wie die Jahre zuvor, fühlte mich der Sache aber durchaus gewachsen. Nicht wirklich vorbereitet war ich darauf, dass dann aus Roth Kona wurde....

Es ist faszinierend, zu erleben, wie so ein kleines verschlafenes bayrisches Nest mit dem Namen Roth auflebt, wenn die Challenge kommt: Fahnen hängen aus allen Fenstern, Bäcker stellen verzierte Brötchen her.....die Stimmung überall gelassen und freundlich. Man fühlt sich gleich wohl, es ist sichtbar eine eingeschworene Gemeinde, die sich hier alljährlich trifft.

Diese besondere Stimmung setzte sich beim Startunterlagen-Abholen, beim Bummel über die Messe, beim Rad check-in, ja sogar beim Start fort, keineswegs verbissen-ehrgeizig wie in Frankfurt, sondern sehr ruhig. Ich kann mich nicht erinnern, jemals morgens um 5Uhr in der Wechselzone von klassischer Musik empfangen worden zu sein! 

So entspannt bin ich also noch nie in einen Wettkampf gestartet, dabei könnte einem angesichts der morgendlichen Atmosphäre schon der Atem stocken: Die Sonne geht gerade auf, am Ufer stehen die vier großen Ballons, die Musik, diese Abertausenden von Zuschauern an beiden Ufern, auf der Brücke... wow. 



Das Schwimmen

Ich starte in der dritten Startgruppe mit 500 Frauen, finde auch gleich eine Lücke, kein Geprügel, das Wasser völlig ruhig, ein bisschen warm vielleicht. Eine große Gruppe zieht sogleich von dannen, aber für mich lief das Schwimmen eigentlich richtig gut! Ich bin größtenteils alleine geschwommen, die Füße. die ich gelegentlich erwischt habe (ohja, ich habe sogar überholt beim Schwimmen! Ich! Sogar einige Männer von den sogenannten schnellen Agegroupern in der Startgruppe vor uns! :-) ) sind so derart doof Schlangenlinien geschwommen, dass ich sie habe ziehen lassen. Gegen Ende dann schon ein bisschen ermüdend und vor allem viel zu warm im Neo, die Sonne stieg bereits über den Kanal auf. Die Strecke war angeblich 200m zu lang, was mein zunächst etwas enttäuschtes Gefühl beim Blick auf die Uhr im Nachhinein relativierte.

1:08:46 Schwamm drüber. ;-)



Das Radfahren

Dafür kann ich inzwischen sehr schnell wechseln (die Wege sind erfreulich kurz) und schon sitze ich ganz munter und guter Dinge auf dem Rad - kleines Kuddelmuddel mit meiner Startnummer. auf die ich mich gesetzt habe und sie nicht unter meinem Hintern vorbekomme...

Die Radstrecke, die am Vortag mit dem Auto besichtigt hatte (danke, Achim!) ist realiv leicht, naja leicht, ein bisschen wie Kraichgau, langgezogene Wellen, landschaftlich sehr schön. Die erste Runde läuft super, es gibt zwar Wind, aber ich überhole wieder jede Menge Frauen, also stimmt mein üblicher Rennverlauf. Nach 75km kommt er dann endlich, der berühmte Solarer Berg, man biegt scharf rechts ab, und da liegt er vor einem, ein 500m langer, nicht zu steiler Anstieg, zu Beginn noch mit Gittern abgesperrt von der Masse der Zuschauer, dann hören die Gitter plötzlich auf und man fährt in einer Gasse von max. 1m Breite den Berg hoch, angebrüllt, angefeuert, mit laola Wellen, mit Tröten, Musik, auf die Schultern geklopft....es ist der blanke Wahnsinn. Über mir der Hubschrauber und ich habe Gänsehaut vom Kopf bis zu den Füssen....

Der Rest der Runde: ein herrlicher Rückenwind, alles gut.

Aber dann die zweite Runde, ich weiß auch nicht recht, was passiert ist, es deckt sich aber mit vielen Renn-Berichten: mein Magen beginnt sich zu verkrampfen (es war ein Versuch: ich habe dieses Mal die Gels nicht einzeln dabei gehabt, sondern alle 10 stück aufgelöst in einer Flasche, das war zu süß und konzentriert), die Müdigkeit steigt fast schlagartig an, wieder Gegenwind, es ist Mittag. Und heiß. Ich fange an, mir regelmäßig Wasser über Kopf und Beine zu schütten. Ich fahre auf Katrin auf, der es genauso schlecht wie mir geht, ich helfe ihr mit einer Salztablette aus, ich hoffe, es hat geholfen! Ab da fahren wir gemeinsam, aber was für ein Krampf die verbleibenden km, der Wind hat gedreht, er kommt nun von vorne, und ich weiß die ganze Zeit, dass ich eigentlich viel zu hart arbeiten muss, um dann noch einen gescheiten Marathon laufen zu können.

5:38:55 auch hier ein Schwamm drüber ;-)



Das Laufen

Ich komme völlig erschöpft in der WZ 2 an, mag überhaupt nicht mehr und will aussteigen. Das ist mir noch nie passiert!!! Ich bleibe einfach sitzen mit den Laufschuhen an den Füssen. Raffe mich schließlich auf, überlege mir, wenigstens den ersten km auszuprobieren. Die Hitze ist inzwischen erbarmungslos, der Weg staubig und ohne Schatten am Kanal entlang, Ich weiß in diesem Moment nicht, wo ich die mentale und physische Kraft hernehmen soll, noch 42km zu laufen. Der Puls geht nicht mehr hoch, der Kreislauf schwächelt, der Magen verkrampft, sogar das Atmen tut weh.

Also was tun? Ich mache meine Uhr aus, und verfalle in einen möglichst ökonomischen Trippelschritt, das hat mit Laufen nicht mehr so viel zu tun. Ein Trick muss her: ich beschließe also, den Lauf in 5km Häppchen zu unterteilen, mich zu freuen, wenn ich es dann jeweils geschafft habe. Aber schon bei km 10 ist klar, selbst das ist zu lang....ich bekomme kein Gel mehr rein, nur noch Cola (jedes Mal mit Krämpfen) und Wasser.

Neuer Pakt mit mir selbst: gehen an den Verpflegungsstationen, laufen dazwischen, und das halte ich auch eisern durch. Einige Frauen überholen mich noch, die sind echt zäh, während ganz viele Männer wandern....aber das ist mir völlig egal. Bei km 25 fangen die Schmerzen an....jeder einzelne Muskel.  Die Strecke ist sicher ganz okay, es gibt Teilstücke durch Ortschaften und Wald, aber ich nehme leider nicht mehr so viel wahr. Antje läuft neben mir her und erklärt mir, wie schlecht ich aussehe. Na toll. ;-) Bei km 35 läuft nur noch der Kopf. Wir kommen nochmal nach Roth rein, an irgendwelchen Biermeilen vorbei, da sitzen doch tatsächlich Menschen in langen Reihen an der Straße und schauen mir bei km 40 beim Leiden zu! Ich würde mich lieber verstecken ehrlich gesagt......aber dann kommt es irgendwann, irgendwie, das ersehnte Ziel. Ein extra Stadion für uns - DA wollte ich doch hin!! Ich hätte es gerne noch mehr genossen....

4:16:58 und ein letzter Schwamm ;-) 



Ich falle dem nächsten Sanitäter in den Arme und werde "abgeführt", kurz vor dem Kreislaufkollaps. Ein paar Schritte gehen, dann endlich hinlegen (und nie mehr wieder aufstehen wollen!!)...eine Stunde liegen, ein Liter Infusion, und das tut echt gut, merkt Euch das! Ganz, ganz mühsam rapple ich mich wieder auf, kann kam einen Schritt gehen, und suche die anderen...

....ach übrigens: inzwischen regnet es! ;-)

Was soll ich sagen? Ich musste ganz, ganz tief graben, bin tatsächlich angekommen (bei einer Ausfallquote von 20%) und richtig, richtig STOLZ darauf!!

gesamt: 11:08:59
AK 5

Deutsche Meisterschaft: AK 3 - Juhuuu!