Donnerstag, 27. Juni 2013

Ironman Nizza 22.06.2013

Schon bei der Ankunft am Flughafen Nizza umfängt uns dieses wunderbare und einmalige Gefühl: wir sind in Südfrankreich! Es ist warm, es riecht würzig nach Süden, Himmel und Meer leuchtend blau, die weite Bucht säumen weiße Luxus-Hotels, allen voran das majestätische "Le Negresco". Kitschig und zugleich einfach nur schön. Hier werde ich dieses Jahr meinen dritten ironman bestreiten! Was habe ich es doch gut! :-)

Die Vorbereitungen

Der erste Tag beginnt mit einem frühmorgendlichen Schwimmausflug ins Meer - es ist nicht leicht, über die großen Kieselsteine (nein - kein Sandstrand in Nizza) und durch die Brandung ins Wasser zu gelangen, aber dann macht es richtig Spaß: leichter Wellengang und herrliches blaues Mittelmeer! Noch weiß ich ja nicht, was mich am nächsten Tag hier erwarten wird...mein Glück. Der restliche Tag vergeht mit den üblichen Vorkehrungen, dem Aufbau des Rades, dem Abholen der Startunterlagen und der Erkundung der Wechselzone, des Strandes und natürlich des Zielbereichs. Es herrscht buntes Treiben an der Promenade des Anglais, Touristen vermischen sich mit Triathleten....Café au lait am Strand mit bunten Kompressionssocken und blauen Startbändchen ums Handgelenk....

....gegen Abend bringe ich mein Rad in die Wechselzone, die sich über 400m entlang der Promenade zieht, das wird ein langer Marsch nach dem Schwimmen und vor dem Laufen, aber vielleicht auch eine gute Gelegenheit, den Schwindel nach dem Schwimmen loszuwerden. Hier macht man alles selbst: Beutel entleeren, neu bepacken, Rad selbst an den Stellplatz zurückbringen....das gibt bestimmt lange Wechselzeiten! Ich bekomme meine Startnummer mit schwarzer Farbe auf den Arm und das Bein gemalt und in diesem Moment steigt in mir die wohlbekannte nervöse Rennaufregung auf...

Das Rennen


Schwimmen

Genau, der Wecker klingelt um 4Uhr morgens....so beginnen wohl alle Rennberichte von Langdistanzen und auch, dass einem die Nacht viel zu kurz und unruhig war. So auch bei mir und so auch dieses Mal. Um 5Uhr mache ich mich mit Anke, meiner sich unermüdlich um mich kümmernden Freundin und Supporterin an diesem Wochenende auf den Weg zum Start...es ist ein Spaziergang von ca. 1km und je näher wir kommen, desto trubliger wird es...ich sehe nach meinem Rad, pumpe es auf 10bar auf und befestige die Trinkflaschen...alles ist bereit. Der Blick auf das Ziel im Halbdunkel des Morgens treibt mir die Tränen der...ja, was eigentlich....Aufregung, Vorfreude...ich weiß es nicht.....in die Augen. Irgendwas halt. Ich verabschiede mich von Anke, und gehe zum Strand hinunter. Einer der großen Gründe, warum ich unbedingt hier starten wollte, war das Versprechen des Veranstalters, das Schwimmen zu  entzerren, doch was sich da meinen Augen bietet, stimmt mich eher mißtrauisch: es gibt auf einer Breite von geschätzt 400m am Strand Boxen, die nach den Schwimmzeiten eingeteilt wurden. Also in der Mitte mit direktem Weg zur ersten Boje die Schwimmer unter 55min, rechts und links davon 1:02 und 1:06, und immer so weiter nach außen. Aber, und das wird mir eigentlich erst in diesem Moment so richtig klar: wir starten trotzdem alle gemeinsam und mir will nicht so ganz einleuchten, wann und wo sich das Feld entzerren soll, denn alle haben das selbe Ziel: die erste Boje! Ich stelle mich in die 1:06 Box, ca. 5.Reihe und bin seeehr nervös, über uns fliegt eine kleine Dronen-Kamera, die spektakuläre Bilder macht, hinter uns kreischt ohne Unterlass ein französischer Radio-Moderator, der gleichermaßen Zuschauer und Teilnehmer aufputschen möchte: "come on, put your hands up in the air"...irgendwie gucken aber alle um mich herum ganz fürchterlich ernst...

...dann der Startknall und was dann passiert, ist kaum mit Worten zu beschreiben: 2700 Athleten stürzen sich die steile Böschung hinunter in die Brandung, werden erstmal von den hohen Wellen gebremst, so dass schon auf den ersten 50m ein Stau entsteht, der verhindert, dass ich überhaupt losschwimmen kann, ich paddle mit Wasserballkraul vor mich hin, werde von allen Seiten geschlagen und getreten, das Wasser ist aufgewühlt und ich kann nur noch denken: hoffentlich ist das gleich vorbei. Ist es nicht. Ich komme zu keiner Zeit in einen Schwimmrhythmus, muss ausweichen, Lücken suchen, andere abdrängen, zwischendurch der Versuch, sich an den immer wieder in den Wellentälern verschwindenden Bojen zu orientieren....Spaß zu Beginn eines langen Wettkampftages ist etwas anderes. Das Ganze gipfelt in einem neuen Komplett-Stillstand an der äußersten Boje (wir müssen zwei Runden schwimmen, eine größere und eine kleinere, mit einem kleinen Landgang), als ein Franzose neben mir den Kopf aus dem Wasser hebt und lauthals darum bittet, man möge sich doch beruhigen und mit den Schlägereien aufhören...finde ich eine gute Ansage und irgendwie geht's dann auch wieder weiter, ich hänge mich an wechselnde Fußpaare, aber keins schwimmt ordentlich geradeaus, so dass ich lieber alleine schwimme und zunehmend müde werde. Immerhin kann ich jetzt für ein paar Momente den Anblick der Stadt im Morgenlicht genießen und irgendwann mal, nach einer deutlich flotteren zweiten Runde ist es dann doch geschafft: nur der Ausstieg in der Brandung gestaltet sich schwierig, Helfer ziehen uns aus dem Wasser, man lässt sich einfach mit einer Welle vor ihre Füße spülen und hofft auf einen starken Männerarm...was mir gelingt, der arme Kerl. Was muß der abends für einen Muskelkater haben....



Aber dann, ha, der Blick auf die Uhr: allen Turbulenzen zum Trotz eine Schwimmzeit von 1:06:39! Und damit bin ich glücklich!

Und stürme in die Wechselzone....

Auch hier bietet sich ein ungewohntes Bild: auf langen Stuhlreihen sitzen bequem Athleten, die sich gemächlich umziehen - hat´s hier denn niemand eilig? Ich habe keine Lust, langsam zu machen, ziehe Neo und Kappe plus Schwimmbrille schnell aus, verpacke diese, Helm, Brille, Startnummer auf, weg mit dem Beutel und ab geht's...auf dem Weg zum Rad überhole ich jede Menge Athleten, die sich offenbar nicht mehr an den Standort ihres Rades erinnern können und suchend herumirren...ein mords Gewusel, aber witzig.






Rad

Lange habe ich mich auf diese bergige Strecke gefreut und gegrinst wie ein Honigkuchenpferd, als es endlich in hohem Tempo die Promenade des Anglais entlang und dann Richtung Norden geht - die Sonne kommt ein bisschen hervor, es ist noch angenehm kühl und die Straßen sind wunderbar zu fahren. Es geht mir gut, die ersten km rollen locker, der etwas unerwartet auftauchende Anstieg von 12% auf 500m bringt mich zwar kurz in Hektik wegen des Herunterschaltens, aber irgendwie kriechen wir da alle gemeinsam hoch. Alles gut. In lockeren Serpentinen geht es Richtung Berge, ich genieße die Landschaft, die Dörfer, die Ausblicke, die Zuschauer aus vollen Zügen, die Beine sind gut, ich kann die ersten acht Mädels überholen....dann plötzlich, völlig unerwartet in einer langgezogenen Rechtskurve im Wald: auf der Straße liegt ein gestürzter junger Athlet, um ihn herum schon Helfer, er liegt ganz still, blutüberströmt...wir weichen aus, und die Gedanken kreisen um dieses Bild....ein tiefer Schock, der mich die ganze Radstrecke begleiten wird. Am Abend erfahre ich. dass er an seinen Verletzungen gestorben ist, noch im Hubschrauber auf dem Weg ins Krankenhaus, die Unfallursache ist jedoch noch ungeklärt. Aus meiner Sicht schwer zu beurteilen, weil es keine gefährliche Kurve war. Mit diesen Bildern im Kopf wird nun spürbar langsamer gefahren um mich herum, vor allem, das  muss man so sagen, der männliche Teil der Athleten...

..und nun geht es auch den Col de l`Ecre hoch, 20km Anfahrt, eine wunderschöne Paßstrasse, nicht zu schwer zu fahren, aber eben lang.....sehr lang. Wir überholen viele Hobbyradler, die uns anfeuern und ich genieße als Frau auf solchen Strecken immer eine besondere Aufmerksamkeit, viele Männer können nur meinen Rücken (oder was sonst ;-) ) bewundern, bergab sieht es dann häufig anders herum aus. Ich achte auf regelmäßige Ernährung, trinke sehr viel, die Landschaft ist einfach grandios, die Bergdörfer malerisch....und die Zeit vergeht wie im Flug.....schon sind wir wieder draussen aus den Bergen, es geht Richtung Nizza zurück, nun doch schon etwas müde geradelt, der Nacken und die Schultern steif...leider gestalten sich die letzten flachen 20km als Kampf gegen den vom Meer kommenden Wind, und wo sind die Motorräder? Keiner kontrolliert mehr, und schon hängen alle in Grüppchen zusammen...leider zu weit weg für mich...ein bisschen Erholung hätte gut getan. Und dann geht's unter viel Beifall wieder die Promenade entlang, ich sehe die ersten Läufer...






Radzeit: 5:37:42 (1800HM)  - einfach nur klasse!






















Laufen

Der Weg durch die Wechselzone ist wieder lang, aber ohne Hindernisse, beim Schuhe anziehen werde ich von zwei Mädels von oben bis unten mit Sonnencreme eingeschmiert, eine sehr gute Idee, und ich werde den Marathon in der Sonne tatsächlich ohne Sonnenbrand überstehen!

Und da steht auch schon Anke, endlich ein bekanntes Gesicht - sie ruft mir zu, dass ich zweite bin und ich fliege über die erste Runde! Selbst eine von hinten heranstürmende AK 40erin stört mich nicht, doch dann in der zweiten Runde relativiert sich das Ergebnis: es sind bereits 4 vor mir.....und zwar so weit weg, dass ich da nicht mehr rankommen werde. Es ist spannend für mich zu beobachten, was in meinen Gedanken passiert: einen Moment lang bin ich richtig enttäuscht über die verpasste Hawaii-Quali, kann dann aber doch schnell umschalten: ich bin jetzt und hier und es geht um ein gutes Rennen in Nizza! Das war mein Ziel dieses Jahr, dafür bin ich angereist und ich weiß, dass ich dabei bin, ein richtig starkes Rennen abzuliefern...und so mache ich mich zwar mit nachlassenden Kräften, aber motiviert auf die zweite und dann die fürchterliche dritte Runde...Anke wartet überall auf mich, läuft lange Stücke mit, gibt mir auf, an meine Technik zu denken....das hilft und irgendwann mal ist ein Marathon das, was er halt ist, in einem ironman: die letzte Runde, das "Schlurfen", das Hoffen und Warten auf die nächste Verpflegungsstation, ein paar Schritte gehen, unter die Dusche stellen, Cola trinken, weiter geht's...die Wendepunkt-Strecke wird zunehmend voller und heißer. Aber ich quäle mich durch, bis das Ziel vor mir auftaucht - der Moment, auf den man wartet, monatelang hintrainiert hat in Regen und Kälte: die Abendsonne über Nizza, das Meer, die Kulisse und meinen dritten Ironman geschafft - und bin über die Massen stolz und glücklich.



Laufzeit: 3:52:13  -    das ist MEIN Sahnehäubchen schlechthin: ein Marathon sub4 !!










Ich bleibe dieses Mal auf den Beinen, esse und trinke und gehe mein Rad und meine Beutel holen, mir geht's gut!!!


Gesamtzeit: 10:45:43
AK 5. Platz
Gesamt 14.Platz




 

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